Wir bauen auf!

WIR BAUEN AUF!

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Privatfilme aus der Nachkriegszeit

Deutschland nach dem Krieg, gesehen aus einer neuen Perspektive – in seltenen und privaten Filmen. Nach dem Erfolg der beiden Dokumentationen „WIR IM KRIEG“ erzählt Jörg Müllner mit privaten Filmen Geschichten aus der Nachkriegszeit. „WIR BAUEN AUF!“ ist am Dienstag, den 1. Dezember, um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.
75 Jahre nach Kriegsende erinnert die Dokumentation mit privatem Filmmaterial und persönlichen Geschichten an die beeindruckende Wiederaufbauleistung in der Nachkriegszeit. Wie haben die Deutschen den Weg aus dieser katastrophalen Krise geschafft? Wie entstand aus Trümmern wieder neues Leben, aus Verlust und Schmerz wieder Hoffnung und Zuversicht? Es sind bewegende Aufnahmen und Erinnerungen an jene Zeit der Neuorientierung und des Erfindergeists, des politischen Neustarts und ökonomischen Wiederaufstiegs.

Die Filmfunde stammen aus Stadt- und Gemeindearchiven, Landesbildstellen und privaten Sammlungen und erzählen in großer Eindringlichkeit von Menschen, die ihren Alltag in der Nachkriegszeit in Ost und West in privaten Filmen festhielten. Solche Aufnahmen in Farbe waren eine Seltenheit in diesen Jahren. Viele Filmamateure besorgten sich ihr Material vom Schwarzmarkt. Farbfilme gab es nur von amerikanischen Herstellern wie Kodak zu sehr hohen Preisen, da die deutschen Agfa-Werke damals nicht mehr produzierten. Umso wertvoller sind die Aufnahmen. Sie haben den Filmemacher angeregt nachzufragen, persönliche Hintergründe in Erfahrung zu bringen, den historischen Zusammenhang herzustellen.

Mit Eigeninitiative und Ideen gestalteten die Menschen ihre Zukunft. Junge Geschäftsleute gründeten Firmen, alteingesessene Konzerne erfanden sich neu. In Stuttgart, ganz in der Nähe des Hauptbahnhofs, ließ Familie Mettenleiter ihre Konditorei aus Trümmern wieder auferstehen. Für diese Mammutaufgabe wird die ganze Verwandtschaft in die Stadt beordert – zur „Mission Wiederaufbau“.

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in der ZDF Mediathek anschauen
19.12.2020 | 43 min.
Ausstrahlung
1. Dezember 2020, 20:15 Uhr, ZDF
Ein Film von
Jörg Müllner
Kamera
Klaus Josef Sturm
Ton
Manuel Ernst, Lenin de los Reyes, Armin Siegwarth
Schnitt
Tim Greiner
Animation
Bildfein Medienproduktion
Sprecher
Philipp Schepmann
Tonmischung
Holger Jung
Produktion History Media
Isa Rekkab
Produktion ZDF
Carola Ulrich, Philipp Müller
Redaktion ZDF
Stefan Brauburger, Ursula Nellessen

Im bayrischen Bad Reichenhall brachte Hildegard Mayer, gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin, mit Fleiß und Disziplin den Kurbetrieb ihrer Familie wieder in Schwung. Schon in den 1950er-Jahren erfüllten sie sich ihren Traum von großen Reisen – im neuen Mercedes oder mit dem Flugzeug.

Doch bei aller Aufbruchsstimmung wirkte die Kriegszeit noch lange nach. Berührend ist die Geschichte des Soldaten Wilhelm Emmerling, der in russischer Gefangenschaft ein Bein verlor. Als er schließlich 1949 zurück nach Hause durfte, schmuggelte er in seiner Krücke versteckt einen Papierstreifen. Darauf standen die Namen von Kameraden, die noch immer in sowjetischen Lagern ausharrten und denen er versprochen hatte, ihre Familien zu informieren. Er kaufte ein Motorrad, machte sich mit seiner jungen Frau auf eine große Reise durch Frankreich, Spanien, nach Mallorca und bis nach Gibraltar. Denn in der Gefangenschaft hatte Emmerling auch spanische Soldaten kennengelernt. Wilhelm Emmerling erfüllte auch dort seine Mission. Die unbeschreibliche Freude beim Überbringen der Nachrichten ist auf Zelluloid gebannt.

Neben Historikerin Prof. Ute Frevert vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Filmwissenschaftler Dr. Peter Stettner und dem Sozialpsychologen Prof. Harald Welzer, der sich mit dem gesellschaftspolitischen Klima der Nachkriegszeit befasst, kommen auch die Nachfahren der Hobbyfilmer zu Wort. Sie berichten von den Menschen, deren Zeugnisse uns heute eine Zeit nahebringen, die vielen Deutschen im Rückblick wie ein Wunder erscheint.

Presseecho

Weser Kurier

Zwischen Trümmerfeldern und Luxusreisen

Nachdem Jörg Müllner 75 Jahre nach Kriegsende für das ZDF bereits die in Farbe gedrehten Amateurschätze „Wir im Krieg“ und „Deutschland von oben 1945“ präsentierte, wird er nun erstmals in der Zeit des Wiederaufbaus fündig. Deutsche filmten mit eigener Hand, wie sie das „Wirtschaftswunder“ erlebten.
Nach vielfachen Dokumentationen über die Zeit des Nationalsozialismus entdeckte der Zeitgeschichtsautor Jörg Müllner gerade rechtzeitig zum 75. Jahrestag des Kriegsendes ein völlig neues Feld: Müllner wurde in privaten Filmarchiven fündig, mit Aufnahmen, wie sie in den offiziellen Propagandastreifen und Wochenschauberichten niemals vorkamen. Wer allerdings zur Farbfilmkamera greifen konnte, war meist privilegiert und nicht selten auch in Filmclubs engagiert. Die Filmer der Nachkriegszeit, die größtenteils ihre eigene Aufbauleistung, den Lebensmut und die neue Freiheit zeigten, ergatterten ihr teures Farbfilmmaterial häufig auf dem Schwarzen Markt und dokumentierten damit frühes Nachkriegsglück.

Historiker, Soziologen und Filmwissenschaftler setzen die Filme in den zeitgeschichtlichen Zusammenhang, aber auch die Nachfahren der Filmer kommen zu Wort und berichten über die familiären Zusammenhänge hinter all den Bildern, die das Nachkriegsdeutschland neu beleben. Spannender kann dieses Kapitel deutscher Geschichte wohl kaum vermittelt werden.

Wilfried Geldner, Weser-Kurier

Die Welt

So gelang das Wirtschaftswunder in der frühen Bundesrepublik

Weniger der Staat als vielmehr privater Einsatz trieben den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg voran. Mit faszinierenden Filmaufnahmen zeigt eine ZDF-Dokumentation, wie das Leben in Deutschland nach 1945 wieder in Gang kam.
Der „reiche Onkel aus Amerika“ ist so sprichwörtlich wie irreal – fast immer. Doch für Katharina Rometsch und ihre Kinder wurde diese Fantasiegestalt 1953 Wirklichkeit: Johann Bruecker, der ältere Bruder ihrer Mutter und 1907 in die USA ausgewandert, wo er mit einem der ersten Trockenrasierer der Welt, dem „Shavemaster“, zu beträchtlichem Wohlstand gekommen war, fand seine Nichte.

Die aus Neu-Pasua nahe Belgrad geflüchtete Donauschwäbin hatte es mit fünf Kindern nach Wels-Lichtenegg in Oberösterreich verschlagen. Und genau hier, in der organisierten Not des Flüchtlingslagers, erschien plötzlich „ein großer, gut gekleideter Amerikaner mit einem recht dicken Auto“, erinnert sich Katharinas Sohn Hans in der Dokumentation „Wir bauen auf“ von Jörg Müllner, die das ZDF am 1. Dezember zeigt. (…)

Müllner, der bereits zahlreiche eindrucksvolle Dokumentationen produziert hat, nutzt für seinen Film erstmals einen Schatz, der sich mehr zufällig im Gemeindearchiv von Schönaich fand: Fotoalben, Dias und Farbfilmrollen, auf denen Brueckers Wirken Anfang der 50er-Jahre dokumentiert ist. Doch so wahr das Märchen von Onkel Bruecker aus Amerika ist, so sehr war es eine Ausnahme. (…)

Was Menschen zu leisten imstande sind, die für sich selbst aktiv werden, zeigt Müllners überaus sehenswerte Dokumentation an verschiedenen Beispielen. Und immer gestützt auf hier erstmals gezeigte Privatfilme aus der Nachkriegszeit, gewissermaßen der Vorgeschichte des Wirtschaftswunders.

Neben den vielfach faszinierenden Privataufnahmen, die wie eine Zeitreise ins Deutschland der Mitte des 20. Jahrhunderts sind, vermittelt Müllners 45-Minüter auch, wie und vor allem warum es im Zuge des Wiederaufbaus zur Verdrängung der vorangegangenen Untaten kam. Die Historikerin Ute Frevert und der Sozialpsychologe Harald Welzer legen als Interviewpartner die gesellschaftlichen Prozesse dar, die damals wohl die einzige Alternative zu verbitterter Rückwärtsgewandheit waren. Notwendig für den Wiederaufbau – und zugleich der Grund, dass diese Jahre der Zeitgeschichte noch immer aktuell und mitunter schmerzhaft sind.

Sven Felix Kellerhoff, Die Welt

Stuttgarter Zeitung

Stuttgart und andere Trümmerstädte

Der Dokumentarfilm „Wir bauen auf“ im ZDF zeigt die deutsche Nachkriegszeit in privaten Filmaufnahmen. Mit trotzigem Aufbaugeist wird der Bombenschutt weggeräumt – auch Stuttgart und andere süddeutsche Orte sind auf den Bildern zu sehen.

Ferdinand Mettenleiter ist Konditor, sein Café war eine gute Adresse in Stuttgart. Nun stehen er und seine Familie vor einem Trümmerberg am alten Friedrichsplatz, wie die Ecke Friedrichstraße/Kronenstraße einmal hieß. Aber alle, Alt und Jung, haben sie Schaufeln in der Hand und nutzen sie, wie andere auch im zerbombten Nachkriegs-Stuttgart. Nur dass bei den Mettenleiters eine Schmalspurkamera mitlief und deren Aufnahmen auch erhalten blieben. Man kann sie in Jörg Müllners dreiviertelstündigem Dokumentarfilm „Wir bauen auf!“ sehen, der die Nachkriegszeit in Amateurfilmen zeigt und an diesem Dienstag um 20.15 Uhr im ZDF läuft.

Der Schutt rund um die Mettenleiters und die Verwüstung auf anderen Aufnahmen, die etwa den von Luftangriffen schwer mitgenommenen Stuttgarter Hauptbahnhof zeigen, machen jenseits allen Nachdenkens, was denn moralisch gut und richtig gewesen wäre, sehr nachvollziehbar, warum die bundesrepublikanische Gesellschaft zunächst so wenig wissen wollte von ihrer jüngsten Vergangenheit. Da waren gewiss Schuldgefühle im Spiel, die Gefahr der Selbstbelastung und manchmal auch Unbelehrbarkeit.

Jörg Müllner hat bereits mehrere Dokumentationen vorgelegt, in denen Privataufnahmen vom Dritten Reich und vom Krieg erzählten. Auch in dieser Fortsetzung überraschen am meisten wieder die Farbaufnahmen, die sehr unmittelbar auf uns wirken. Schließlich haben wir gelernt, Schwarz-Weiß als Signal für „ganz andere Zeiten“ zu lesen.

Es gibt Bilder aus Köln, Dresden und Krefeld, aber viel Material stammt aus dem süddeutschen Raum, aus Bad Reichenhall, Schönaich und Stuttgart.

Thomas Klingenmaier, Stuttgarter Zeitung

Haus des Dokumentarfilms

Doku-Tipp: „Wir bauen auf! Privatfilme aus der Nachkriegszeit“

Am 1.12. läuft zur Primetime „Wir bauen auf! Privatfilme aus der Nachkriegszeit“ im ZDF. Die Filmaufnahmen, mit denen Jörg Müllner den Alltag im Nachkriegsdeutschland anhand persönlicher Geschichten nachzeichnet, stammen u. a. aus der Landesfilmsammlung Baden-Württemberg.

„Wie haben es Menschen geschafft aus einer der größten Krisen des letzten Jahrhunderts herauszukommen? Was zeigen ihre privaten Filmaufnahmen?“, mit diesen Fragen fasst uns Jörg Müllner seine neue Dokumentation „Wir bauen auf! Privatfilme aus der Nachkriegszeit“ zusammen. Nach zwei Dokumentationen über Privatfilme in der NS-Zeit widmet sich Müllner nun in der Fortsetzung dieses Projekts dem großen Aufbau- und Umbruchsgeschehen in der Nachkriegszeit. Annika Weißhaar vom Haus des Dokumentarfilms war mit dem Produzenten (History Media GmbH), Journalist und Regisseur im Gespräch.

Im Fokus der Dokumentation „Wir bauen auf! Privatfilme aus der Nachkriegszeit“ stehen zehn Privatfilmer*innen mit ihren persönlichen Erfahrungen. Wie haben sie Deutschland während des Wiederaufbaus nach dem 2. Weltkrieg erlebt? Die Aufnahmen hat Müllner aus Archiven und Privatsammlungen zusammengetragen. (…)

Mit privaten Aufnahmen Geschichte und Geschichten zu schildern, ist für Jörg Müllner ein Konzept, das sich für historische Formate bewährt habe, um „aus der Perspektive der Menschen damals, mit ihren Bildern, Zeitgeschichte zu erzählen“. Lange Zeit wurden historische Formate aus offiziellen Filmmaterialien, wie beispielsweise der Wochenschau, heraus entwickelt. Doch Jörg Müllner sucht alltägliche Perspektiven: „Unser Ansatz ist ein anderer. Wir wollen diese privaten Filmquellen in das Zentrum rücken. Wir wollen sagen und zeigen, wer hat was, wann, unter welchen zeitgeschichtlichen Konstellationen gefilmt und was sagt uns dieser Film über die Zeit damals? Solche unmittelbaren Eindrücke können eigentlich nur die Bilder von den Menschen liefern, die damals gelebt und gefilmt haben.“ Seine Filme bleiben dabei vielschichtig. Müllner dokumentiert und lässt die Aufnahmen für sich stehen: „Es gibt keine absolute Wahrheit bei diesen Privatfilmen. Das ist keine Enzyklopädie.“ (…)

Mit seiner Arbeit will Jörg Müllner mit Hilfe privater Filmaufnahmen Alltagswelten der Menschen im großen zeitgeschichtlichen Kontext erzählen und Geschichte erlebbar machen. Denn auch für die jetzige Zeit sei Geschichte wesentlich, um größere gesellschaftspolitische Zusammenhänge besser zu verstehen. Die Filmdokumente rücken so manches Vorurteil zurecht, geben Anlass zum Nachdenken und erinnern manchmal sogar an Ereignisse in der Gegenwart, etwa bei dokumentarischen Bildern von Flüchtlingen, die 1948 in der britischen Zone ankommen. Solche Filme vermitteln „eine Vorstellung und ein Gefühl von der Vergangenheit und den Lebensumständen der Menschen. Sie zeigen, wie sich Geschichte ereignet hat.“

Annika Weißhaar, Dokumentarfilm.info, Haus des Dokumentarfilms, Stuttgart

Braunschweiger Zeitung

75 Jahre nach Kriegsende erinnert die „ZDFzeit“-Dokumentation „Wir bauen auf! Privatfilme aus der Nachkriegszeit“ mit privatem Filmmaterial und persönlichen Geschichten an die erstaunliche Wiederaufbauleistung in der Nachkriegszeit. Der Autor der Doku, Jörg Müllner, stellt Fragen wie: Wie haben die Deutschen den Weg aus dieser katastrophalen Krise geschafft? Wie entstand aus Trümmern wieder neues Leben, aus Verlust und Schmerz wieder Hoffnung und Zuversicht? Welche Rolle spielte die verdrängte Erinnerung an Krieg und NS-Verbrechen? Müllner hat in Stadtarchiven, Landesbildstellen und privaten Sammlungen nach Filmschätzen gesucht. In großer Eindringlichkeit erzählen seine Funde Geschichten von Menschen, die ihren Alltag in der Nachkriegszeit, in Ost und West, in privaten Filmen festhielten. Solche Aufnahmen in Farbe waren eine Seltenheit in diesen Jahren. Sie haben den Filmemacher angeregt nachzufragen, persönliche Hintergründe in Erfahrung zu bringen und den historischen Zusammenhang herzustellen.

 Braunschweiger Zeitung

Deutsche Handwerks Zeitung

„Wir bauen auf!“ über Gründergeist in der Nachkriegszeit

Wie kam die deutsche Wirtschaft nach den Verheerungen des Zweiten Weltkriegs wieder auf die Beine? In der aufwändigen Dokumentation „Wir bauen auf“, die fast ausschließlich aus privaten Filmaufnahmen aus der 40er- und 50er-Jahren besteht, geht Jörg Müllner dieser Frage auf den Grund. Dabei spielen vor allen Unternehmergeist und Wagemut eine große Rolle – und auch das Handwerk.

Das Land in Trümmern, in den meisten großen Städten kein Stein mehr auf dem anderen – die Situation wie 1945 und in den Jahren danach ist aus heutiger Sicht kaum mit Worten zu beschreiben. Und doch setzten damals viele Menschen in Deutschland nach der ersten Schockstarre auf Eigeninitiative, bauten das Land wieder auf und schafften mit großem Unternehmergeist in relativ kurzer Zeit wieder einen gewissen, später dann auch großen Wohlstand. Die ZDF-Dokumentation „Wir bauen auf“ handelt in weiten Teilen von genau diesen Menschen, die ihr Schicksal damals in die eigene Hand nahmen und damit auch dem Land einen großen Dienst erwiesen. Neben privaten Filmaufnahmen aus der Nachkriegszeit lässt das ZDF auch Nachfahren der damals handelnden Personen sowie Experten zu Wort kommen, denen es über weite Strecken gelingt, das Handeln der Menschen damals sachlich in den historischen Kontext einzuordnen. Dabei wird klar: Es waren keine staatlichen Regularien oder Vorgaben, sondern Menschen mit Mut und Tatkraft, die das Land nach dem totalen Zusammenbruch wirtschaftlich wieder auf Kurs brachten. (…)

Das tat auch Hans Hutt. Der Elektro-Großhändler aus Stuttgart baute seinen Betrieb nach dem Krieg gemeinsam mit seiner ganzen Familie wieder auf. Sein Sohn Achim Hutt trat in der Dokumentation als Zeuge einer Zeit auf, „als ein Ei noch etwas Kostbares war“, wie es hieß. Er skizzierte die Denkweise der damaligen Zeit und brachte die Disziplin der Menschen, die anpackten, um das Land wieder aufzubauen, in einem zwar altbekannten, aber dennoch eindringlichen Satz auf den Punkt: Damals habe es eben noch geheißen, „was auf dem Teller liegt, wird gegessen“. Und Hans Hutts Tochter beschreibt die Zeit nach dem Weltkrieg aus damaliger Kindersicht in beinahe blumigen Worten: „Wir haben gemacht, was wir wollten, es war alles möglich, wir hatten einen ziemlichen Freiraum als Kinder.“ Und die Bilder, die dazu über den Bildschirm flimmern, zeigen in der Tat fröhliche Kinder, die Radschlagen und in den Straßen herumtollen.

Doch die Dokumentation schaffte es an dieser Stelle auch, die Schilderungen von damals nicht zu rosarot wirken zu lassen. Immer wieder wurde der Gründergeist mancher Menschen in dieser Zeit auch psychologisch in den historischen Kontext eingeordnet. So hätten die Menschen nach den grausamen Verbrechen der Nazizeit und der totalen Niederlage nicht nur materielle, sondern auch emotionale Verluste verkraften müssen, und durch den täglichen Kampf um absolute Grundbedürfnisse habe sich kein Blick in Richtung der barbarischen Vergangenheit richten können. Wohlgemerkt: Die Verbrechen relativiert der Film an keiner Stelle, er setzt nur die damalige psychologische Situation vieler Menschen in einen historischen Kontext. (…)

In diesem Spannungsfeld von fehlender Einsicht in die eigene Schuld und dem gerade auch aus dem Blick nach vorne erwachsendem Gründergeist der Nachkriegsjahre bezog die ZDF-Dokumentation ihre Spannung und ihren Reiz. Sie hielt Distanz zu ihren Protagonisten, in alle Richtungen. Und sie zeigte auch, wie der Wiederaufbau von Menschen profitierte, die trotz aller Widrigkeiten nach vorne blickten.

Markus Riedl, Deutsche Handwerks Zeitung